Von tiefster Verzweiflung zum höchsten Glück – Helfersyndrom – Selbsthilfegruppe – Trans* SHG Hegau

Hallo liebe_r Besucher_in,

heute möchte ich einmal etwas in eigener Sache erzählen, wie ich von tiefster Verzweiflung und innerer Zerrissenheit zum höchsten Glück gefunden habe und ich möchte damit auch ein noch recht neues Projekt vorstellen, das mir sehr am Herzen liegt.

Über mich, meine Verzweiflung, mein Glück

Ich weiß nicht, wie gut Du mich bereits kennst. Vielleicht bist Du mit mir auf Facebook befreundet oder sogar im „Reallife“. Vielleicht kennst Du mich auch noch gar nicht oder nur über meine Beiträge hier in diesem Blog.

Aufgrund meines sehr stark ausgeprägten Helfersyndroms, habe ich es mir auf die Fahnen geschrieben, nicht nur grundsätzlich immer anderen Leuten zu helfen wo ich kann, sondern auch und vor allem Leuten mit den gleichen Problemen wie ich sie habe.

Dies betrifft in diesem besonderen Fall natürlich vor allem Leute, die wie ich an „transgeschlechtlicher Identitätsstörung“ (F64.0), bzw. Transsexualität leiden.

Um mich kurz zu erklären:

Bevor ich meinen Weg am 16.10.2015 begonnen habe, war ich so in meiner Rolle, diesem vermaledeiten männlichen Körper zu entsprechen und mich entsprechend zu verhalten, drin, das ich teilweise echt ein Macho-Arsch war. Ich habe nach meiner Pubertät, als mir klar wurde das dieses Ding zwischen den Beinen nicht verschwinden wird, immer versucht, dem Bild eines ganzen Kerls zu entsprechen.

Ich habe exzessiv Sport getrieben (Leichtathletik, 4-Kampf, wurde sogar deutscher Junioren-Vize-Meister im Hochsprung), habe jahrelang Taekwondo trainiert, hatte da den 2. Dan. Ich habe meinen Körper trainiert, Krafttraining gemacht.

Andererseits war ich schon von früher Kindheit an sehr musikalisch, habe mit 4 Jahren angefangen Violine zu spielen, mit 6 Jahren Piano, habe mir selbst im Laufe meiner Jugend Gitarre, Schlagzeug und E-Bass beigebracht. Ich habe 16 Jahre lang Geige gespielt, in großen Orchestern und Konzerten meistens als 1. Geige.

ich war innerlich extrem zerrissen und wusste nicht, wohin ich gehörte. Ich war extrem introvertiert, sehr still, sehr zurückgezogen und auch ängstlich allem Fremden gegenüber. Konnte mich verbal nicht artikulieren, geschweige denn mich selbst verteidigen, wenn mir etwas vorgeworfen wurde. Ich baute im Laufe meiner Kindheit eine sehr dicke und hohe Mauer um mich herum auf, durch die niemand hindurch konnte, auch ich selbst nicht. Und so wurde ich von meinen Eltern zu mehreren Psychologen und Psychotherapeuten geschickt, die mir aber alle auch nicht helfen konnten.

Und so begann ich dann verzweifelt zu versuchen diesen Körper zu akzeptieren und dem Bild eines Mannes zu entsprechen. Ich tätowierte mir sogar selbst den Schriftzug „LOVE ME“ auf meinen Penis-Schaft, in der Hoffnung das Ding so vielleicht akzeptieren und lieben zu lernen.

Mit dem 16.10.2015, mit meinem Coming Out als Frau, änderte sich für mich ALLES schlagartig. Ich wurde fast von einem Tag auf den Anderen regelrecht extrovertiert, ging auf einmal gerne in die Öffentlichkeit, konnte auf einmal völlig problemlos selbst auf fremde Personen zugehen und mich richtig gut unterhalten. Außerdem konnte ich auf einmal endlich über mich selbst reden, über meine eigenen Probleme und vor allem meine eigenen Gefühle., was vorher völlig unmöglich war.

Dies sorgte auch sogar dafür, das ich mich jedes Mal freute, wenn mich jemand kontaktierte und mich über mich selbst, über meine Transsexualität ausfragte. Und dies ist natürlich auch heute noch so.

Ich gehe seitdem mit diesem ganzen Thema, mit meinen Gefühlen, meinen Erfolgen und auch mit meinen Veränderungen so offen und frei um, als wäre es das Normalste der Welt, als würde ich mich über ein Rezept für ein Paprikagulasch unterhalten.

Und genau das mache ich mir seit dem auch zunutze um anderen zu helfen:

Wie ich anderen helfe, was ich tun kann

Ich weiß auch nicht, wie es dazu gekommen ist. Irgendwie bin ich hier in meiner Region Hegau (westlicher Bodenseebereich) zur Trans-Mutter der Nation mutiert.

Ich bin ja bekanntlich einmal im Monat in einer Selbsthilfegruppe in Österreich (Dornbirn) und habe dort ganz, ganz liebe Freunde gefunden. Es gibt einen jungen Transmann, für den ich so etwas wie eine Ersatzmama bin und das freut mich sehr. Ich versuche immer für ihn da zu sein und ihm beizustehen, wenn er Probleme hat und glaube mehr, er hat so einige Probleme.

Hier in Konstanz gibt es eine ganz liebe Transfrau, die ich auf den Weg gebracht habe, die ich unterstützt habe und auch weiterhin unterstützen werde, mit der ich eine Einkleidungstour gemacht habe und einen Schminkkurs und die sich durch mich so sehr zum Positiven verändert hat und damit auch glücklich ist.

Bei Sigmaringen habe ich zwei sehr junge Transmänner, die ich ebenfalls auf den Weg gebracht habe, denen ich erklärt habe, was dieser Weg bedeutet, wie es für sie weitergeht, wohin sie sich wenden müssen und wie entsprechende Anträge aussehen müssen. Sie sind nun beide bei der gleichen Psychotherapeutin in Begleittherapie und gehen ihren Weg. Nichts desto Trotz bin ich natürlich auch weiterhin immer für sie da.

Letztens hat mich eine sehr nette Frau angesprochen, eine Elternsprecherin einer Schule hier in der Region, die mich um Informationen über mich selbst, als auch über Transsexualität im Allgemeinen gebeten hat und mich ausgefragt hat. Eventuell werde ich dort an der Schule sehr bald einen Vortrag über Transsexualität halten.

Und so hat sich bei mir etwas entwickelt, was ich sehr toll finde und mich sehr freut. Ich werde voll akzeptiert, werde als Beraterin herangezogen, als Wegbegleiterin, als Freundin und als Fürsorgerin. 

Und dies alles hat mich nun dazu veranlasst, dies in einem größeren Stil und etwas professioneller aufzuziehen. Ich habe beschlossen, mein Leben, meine Kenntnisse und Erfahrungen einem breiteren Spektrum zur Verfügung zu stellen um noch mehr Leuten helfen zu können. Und damit ist dann die Trans* SHG Hegau entstanden:

Vorstellung meiner Initiative „Trans* SHG Hegau“

Irgendwann begann ich nach einer Selbsthilfegruppe in meiner Nähe zu suchen. Es gab einen Stammtisch der an einem öffentlichen Ort, nämlich in einer Wirtschaft in Markdorf stattfand. Dies ar aber kaum dazu geeignet um anonym und privat sich zu unterhalten und wirkliche Hilfe zu leisten. Es gab einmal eine Selbsthilfegruppe in Ravensburg, diese gibt es aber leider nicht mehr. Die nächsten, wirklichen Selbsthilfegruppen waren dann in Ulm, bzw. in Freiburg, also beide mehr als 100 Kilometer entfernt.

Ich hatte durch meine vorherigen Erfahrungen und Hilfestellungen den Eindruck, dass auf jeden Fall Bedarf im westlichen Bodenseeraum für eine solche Selbsthilfegruppe bestand und so beschloss ich, kurzerhand selbst eine zu gründen.

Und so überlegte ich mir einen Namen und eine entsprechende Domain, registrierte Diese und baute im Eilverfahren eine schicke Webseite auf, die diese neue Initiative beschreiben sollte und als Anlaufstelle dienen sollte.

Jeden zweiten Freitag im Monat, das nächste Mal am Freitag, den 13.01.2017, findet sich unsere Selbsthilfegruppe zusammen, wo dann jede_r von Problemen oder Erfolgen erzählen und sich Hilfe und Tipps holen kann. Jede_r Teilnemer_in ist sicherlich gerne bereit dazu, anderen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, um den eh schon sehr schwierigen Weg etwas leichter zu machen.

In erster Linie dienen diese Treffen dazu, Informationen auszutauschen, bezüglich zum Beispiel dem grundsätzlichen Ablauf des jeweiligen Weges abhängig von der Richtung (Frau-zu-Mann oder Mann-zu-Frau) die man einschlagen will, empfohlener Psychotherapeuten, Endokrinologen oder wie man am besten die Vornamens- und Personenstandsänderung angeht. Ebenso geht es natürlich um die verschiedenen Operationsmethoden und empfohlene Ärzte, die diese durchführen.

Ein anderer, sehr wichtiger Aspekt ist allerdings auch das simple Zusammensein unter Freunden, ohne Angst haben zu müssen gemobbt oder sonderbar angeschaut zu werden. Viele von uns haben bereits einen langen und sehr steinigen Weg hinter uns, insbesondere was die Kindheit und Schulzeit angeht und haben hier auch sehr viel durchgemacht, was sie anderen Betroffenen gerne ersparen würden. So ist es nicht verwunderlich, das sich innerhalb dieser Treffen auch viele, tiefe Freundschaften entwickeln, die ein Leben lang halten.

Diese Treffen sind natürlich sehr diskret und wenn gewünscht kann man dort auch ganz anonym erscheinen, ohne jegliche Daten oder Namen preisgeben zu müssen. „What happens in Vegas, stays in Vegas“ ist unser Leitspruch für diese Treffen. Das heißt, das jede_r Teilnehmer_in sich mit der Teilnahme an diesen Treffen dazu verpflichtet, nach außen hin nichts preis zu geben, was bei diesen Treffen besprochen wird. So wird ein ungewolltes Fremd-Outing, das unter Umständen wirklich übel enden könnte, vermieden.

Eingeladen sind Alle, die sich mit den Themen Transsexualität, Transidentität, Non-Binary, Queer oder Ähnliche beschäftigen oder identifizieren. Außerdem sind natürlich auch Angehörige immer willkommen, die sich mit diesem Thema auseinander setzen wollen, um ihre Liebsten zu unterstützen oder sie besser zu verstehen.

Es ist natürlich keine vorherige Anmeldung notwendig und vor der Location befinden sich auch genügend Parkplätze.

Die Treffen finden statt in Radolfzell, Regiment-Piemont-Str. 7
Buslinien 1 oder 2 bis Haltestelle Kasernenstr. An der Haltestelle, gegenüber den Hochhäusern, direkt in die Regiment-Piemont-St. bis zum Ende auf der linken Seite (ca. 180 m).

Der Link zur Webseite der Trans* SHG Hegau lautet:

http://www.shg-hegau.de/

So, vielen Dank fürs Lesen! 

*Kisses*
Christin

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